Ich habe den Krieg erlebt – ich hasse den Krieg

Krieg

Zur aktuellen Situation sprachen wir mit Landeshauptmann a.D. Dr. Josef Ratzenböck, dem Ehrenlandesobmann des ­OÖ Seniorenbundes. Er musste selbst noch als 15-Jähriger in den zweiten Weltkrieg einrücken, erlebte den Fall des Eisernen Vorhangs als Landeshauptmann (1989) und feierte am 15. April 2022 seinen 93. Geburtstag. 

 

Haben Sie damit gerechnet, dass Sie in Ihrem Leben einerseits noch eine Pandemie – in diesem Ausmaß wie Corona – und andererseits ein Krieg in Europa erleben?

Ratzenböck: Mit beiden habe ich nicht gerechnet! Zuerst zur Pandemie: Ich war bis 2019 der festen Überzeugung, dass Epidemien und Pandemien ausgerottet sind, durch die Impfungen, durch den Fortschritt der medizinischen Wissenschaft, glaubte ich, dass Pandemien in diesem Land nicht mehr passieren werden. 

Hatten Sie selbst Corona?

Ratzenböck: Weder meine Gattin, noch ich! Doch nun zum weit größeren Übel – nie, hätte ich damit gerechnet, dass ich in Europa noch einen Krieg erleben werde! Nach den Erfahrungen, die Europa, auch unser Land, mit den zwei Weltkriegen gemacht hat, war ich der Meinung, dass alle aus der Geschichte gelernt hätten. 

Sie wurden ja in der Endphase des zweiten Weltkriegs noch eingezogen?

Ratzenböck: Blutjung, mit 15 Jahren wurde ich noch eingezogen, zum Reichsarbeitsdienst ins Arbeitsdienstlager nach Ebelsberg. Ich habe den Krieg erlebt, als Kind, als Jugendlicher und ganz junger Kriegsteilnehmer. Ich habe das Leid, die Not, das Elend gesehen und erlebt, was ein Krieg anrichtet! Die vielen Toten in den Familien auch in meiner Heimatgemeinde Neukirchen am Walde. Manche Familien wurden halbiert! – Ich hasse den Krieg! 

Sie haben auch den Fall des Eisernen Vorhangs erlebt, ihn selbst an unserer Landesgrenze als Landeshauptmann durchschnitten. 

Ratzenböck: Ja, das war der schönste, größte und erhebendste Augenblick in meiner Amtszeit – auch das hat mir große Hoffnung gegeben, dass es in Zukunft ein Europa in Frieden und Freiheit geben werde!

Herr Landeshauptmann, bitte noch ein Wort zur aktuellen Situation in der Ukraine.

Ratzenböck: Putin geht es nur um brutale Macht, am liebsten hätte er wieder die alte kommunistische UdSSR, er will das Rad der Geschichte zurückdrehen, er ist nicht klüger geworden. Es wird ihm nicht gelingen, hoffentlich verliert er seine Position durch die Stärke der anderen! Ich hoffe, dass die europäischen Staaten geschlossen bleiben und zusammenstehen gegen Putin. Es ist ja nicht der Krieg des russischen Volkes, sondern eines machtbesessenen Kriegsverbrechers! Nur der internationale Zusammenhalt, nur eine starke europäische Gemeinschaft kann solchen Kriegsverbrechen Einhalt gebieten! 

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