Über das Leben mit schwerer Krankheit

Über das Leben mit schwerer Krankheit

Viele Menschen leiden an schweren Krankheiten. Ich gehöre selbst auch dazu. Gott sei Dank, und das sage ich mit der tiefsten Bedeutung dieser Worte, gibt es eine Therapie, die ich halbwegs gut vertrage, die den Krebs so weit in Schach hält, aber dennoch mein Leben mitbestimmt. 

Ich lebe seit gut acht Jahren mit dieser Krankheit und musste und muss viel lernen. Wie geht krank sein? Wie gehe ich auch mit der Angst vor dem Sterben um? Wie finde ich neuen Sinn im Leben?

Gemeinsam die Last tragen

Es ist wichtig, dass man Menschen hat, mit denen man über die Sorgen reden kann. Schnell weichen die Leute auf andere Themen aus und man spricht über das Wetter oder den Sport. Das ist keine böse Absicht, sondern Hilflosigkeit. Es braucht Menschen, die es aushalten, dass es in bestimmten Situationen einfach nichts zu sagen gibt und die zuhören, ohne selbst von ihren Erfahrungen zu erzählen. Man kann sich in den Schmerz des anderen nicht hineindenken, aber man kann begleitend da sein und hinhören.

Schwere Krankheiten können entmutigen und die Hoffnung rauben. Es gehört „Mut“ dazu, damit leben zu wollen, oft eingeschränkt und anders wie bisher. Das kann man kaum allein schaffen, es braucht die stillen Mutmacher. Man soll als Patient nie vergessen, diesen Menschen immer wieder zu danken, denn sie sind „Lebensretter“.

Kranke brauchen Hilfe, man muss sich um sie kümmern und sie stehen damit auch im Mittelpunkt. Es dreht sich plötzlich viel um den Kranken. Es ist nicht einfach und kann Probleme verursachen, wenn man aus Schwäche zusehen muss, wie andere die Arbeit in Haus und Garten erledigen oder man sich nicht mehr allein waschen kann. Ein ehrliches Gespräch mit allen Betroffenen kann hilfreich sein, auftauchende Probleme und Frust früh zu erkennen. Für alle Beteiligten ist die Situation neu und alle müssen lernen. Da heißt es für den kranken Menschen achtsam zu sein und dass man bewusst dankbar ist.


„Wie gehe ich auch mit der Angst vor dem Sterben um?
Wie finde ich neuen Sinn im Leben?“

Bischofsvikar
Dr. Johann Hintermaier


Das höchste Gut

Aus meinen persönlichen Erfahrungen heraus sage ich, dass man Gesundheit nicht gegen Krankheit aufwiegen kann. Der Wert des Menschen misst sich nicht an seiner Gesundheit. Ich wage sogar zu sagen, dass die Gesundheit nicht das Wichtigste ist. Das Wichtigste und Tröstlichste ist, dass man in schwierigen Situationen nicht allein gelassen wird. Das gibt Kraft, mit der Krankheit aktiv umzugehen. „Ich bin eh da, fürchte dich nicht!“ ist ein Satz, den Eltern oft zu Kindern sagen. Es ist der Ausdruck einer Hingabe, die ins Wort bringt, was das Leben braucht: nicht verlassen und allein gelassen zu werden.

Die Kraft des Glaubens

Ich werde oft gefragt, ob ich als Priester leichter mit dieser Situation zurecht komme? Ich bin sehr dankbar, dass ich auf Gott vertrauen kann und mit dem leidenden Jesus einen an meiner Seite habe, der da ist und mitfühlt. Mein Glaube, mein Gebetsleben und mein seelsorgliches Handeln sind aber herausgefordert, wie kaum zuvor. Der Glaube vermittelt mir, dass ich nicht allein bin, dass Gott auch in seiner Schwäche bei mir ist. Stärkend ist auch, dass ich mit Menschen beten kann und Menschen für mich beten. Die Gemeinschaft der Glaubenden und die Sorge füreinander trägt mich und ich trage andere. Krankheit hat noch keinen Sinn. Der Glaube kann helfen in der Krankheit wieder Sinn im Leben zu finden. Diese Erfahrung mache ich.

Ich wünsche allen Kranken und besonders auch denen, die mit kranken Menschen leben, für sie da sind, sich aufopfern, da auch ihr Leben eingeschränkt ist, Kraft und Geduld und dass sie Mut und Hoffnung nicht verlieren.


„Das Wichtigste und Tröstlichste ist,
dass man in schwierigen Situationen
nicht allein gelassen wird.“

Bischofsvikar
Dr. Johann Hintermaier


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