Tabuthema Inkontinenz

Inkontinenz

„Ich bleibe heute lieber zu Hause, ich fühle mich nicht so wohl.“ Bei Sätzen wie diesen würde man sich normalerweise nichts denken. Anders bei Personen die an altersbedingter Inkontinenz leiden, also jenen, die Harn oder Stuhl nicht mehr halten können und diesen unkontrolliert ausscheiden. Über dieses Thema offen zu sprechen, ist nur für wenige eine Option. Vielmehr versuchen die Betroffenen Situationen zu vermeiden, in denen sich eine unkontrollierte Ausscheidung unangenehm bemerkbar machen könnte, anstatt die Problematik anzusprechen und sich von medizinischer Seite Unterstützung zu holen. Die psychischen Folgen einer Inkontinenz sind meist langwieriger und schwerwiegender als die Störung an sich.

In Österreich sind etwa 850.000 Menschen von einer Form des unfreiwilligen Harnverlusts betroffen. Bei Frauen tritt dieses Problem doppelt so häufig auf wie bei Männern, egal in welcher Altersstufe. Bei den über 60-jährigen leidet jede dritte Frau unter Inkontinenz. Der unkontrollierte Harnabgang tritt in jedem Lebensalter auf, steigt jedoch mit zunehmendem Alter. Wie bei vielen anderen Störungen gibt es auch hier verschiedene Formen – die Belastungs-, Drang- und Überlaufinkontinenz sowie neurologische Blasenentleerungsstörungen. Die Dranginkontinenz ist jene, die vor allem Seniorinnen und Senioren betrifft. Im Regelfall werden der Harnblase zwei wesentliche Aufgaben zugeschrieben, das Speichern sowie die Entleerung des Harns. Eine gesunde Blase kann bis zu einem Liter aufnehmen, der Harndrang selbst wird jedoch bei etwa 150 bis 300 Milliliter ausgelöst. Im Laufe der Jahre kann es zu einer Beeinträchtigung dieser Körperfunktion kommen. Eine chronische Blasenentzündung, Blasensteine, eine vergrößerte Prostata oder Tumore gelten ebenso als typische Ursachen für Dranginkontinenz wie die Alterung der Blase und Schwierigkeiten der „Schaltzentrale“ im Gehirn.

 

Psychische Belastung birgt großes Problem

Die Angst vor öffentlicher Demütigung und Spott verleitet viele Betroffene dazu, sich vom öffentlichen Leben zurückzuziehen. Die Gefahr des sozialen Rückzuges und der Vereinsamung steigt, je länger die Störung als Tabu angesehen wird. Es ist zwar eines der häufigsten Krankheitssymptome, dennoch ist für viele Betroffene schwer vorstellbar, dieses Thema offen anzusprechen. Nur ein Drittel sucht deswegen einen Arzt auf. So lange wie möglich greifen sie auf Selbsthilfestrategie, wie weniger Flüssigkeit aufzunehmen oder Einlagen zu tragen, zurück. Aus Angst, dass Personen in ihrem näheren Umfeld diese Störung mitbekommen könnten, ziehen sie sich zurück. Dauert diese Phase des Rückzuges längere Zeit an, sinkt das Selbstwertgefühl und Depressionen machen sich breit. Je mehr Angst die Betroffenen vor der Inkontinenz bekommen, desto häufiger werden die Blasenentleerungsprobleme – ein klassischer Teufelskreis. Die einzige Möglichkeit diese Schleife zu unterbrechen, besteht darin, medizinischen Rat aufzusuchen und die Inkontinenz als lösbares Problem anzuerkennen.

 

Mit richtiger Behandlung einen normalen Alltag führen

Um die Inkontinenz in den Griff zu bekommen, gibt es mehrere Ansätze. Zunächst sollte mit sogenannten konservativen Therapieformen versucht werden, für Verbesserungen zu sorgen. Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, ist es ratsam einen operativen Eingriff als Option anzudenken.

 

Geeignete Therapieformen:

1. Veränderung der Lebensgewohnheiten: Liegt die Ursache der Inkontinenz in einer ungesunden Lebensweise wie Übergewicht, führt die Änderung bestimmter Gewohnheiten häufig schon zum gewünschten Ergebnis. Die Reduktion des Gewichtes und die Einhaltung einer ausgewogenen Ernährung können helfen.

2. Regelmäßiges Blasentraining: Wie vieles andere auch, kann auch die Kontinenz neu erlernt werden. Mithilfe eines speziellen Toiletten- und Blasentrainings, bei dem über mehrere Tage ein Protokoll zur Flüssigkeitsaufnahme und Harnabgabe geführt wird, bekommt man einen besseren Überblick über die Abfolge der Körperfunktionen. Durch gezieltes Trinken in regelmäßigen Abständen wird die Leistungsfähigkeit der Blase verbessert und Reizbarkeit reduziert. Zwei Liter Flüssigkeit pro Tag gelten weiterhin als optimale Menge, nach 19.00 Uhr sollte aber nicht mehr allzu viel getrunken werden. Alkohol und Kaffee sollten gänzlich vermieden werden, da sie für einen stärkeren Harndrang sorgen und dem Körper Flüssigkeit entziehen. Im Gegensatz dazu wirken stilles Wasser und Rooibostee beruhigend auf die Blase ein.

3. Beginn einer Physiotherapie: Ist die Beckenbodenmuskulatur für die Inkontinenz verantwortlich, so können durch physiotherapeutische Anweisungen gezielt diese Muskelgruppen trainiert und gestärkt werden. Bei Frauen empfiehlt sich zudem eine speziell entwickelte Beckenboden­gymnastik. Sowohl zu Hause wie auch unterwegs können diese Übungen durchgeführt werden.

4. Medikamentöse Behandlung: Sollten all diese Therapieformen nicht die gewünschte Wirkung erzielen, besteht außerdem die Möglichkeit der medikamentösen Behandlung. 

 

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte die Medizinische Kontinenzgesellschaft (MKÖ) über die Hotline 0810/100455 oder schicken Sie eine E-Mail an info@kontinenzgesellschaft.at.

 

Bildquelle: andriano.cz/Shutterstock.com

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